Bright Future - Münchner Helles
Die tragische Geschichte meines ersten untergärigen Bieres und wie die Hälfte davon im Abfluss landete
Gefühlt hatte ich jetzt genug Erfahrung, ein untergäriges Bier zu brauen. Da das Pils überall als die "Königsklasse" bezeichnet wird, wollte ich es erst einmal mit einem Münchner Hellen probieren. Das ist auch lecker, aber verzeiht wohl Fehlgeschmäcker ein bisschen mehr. "Bright Future" sollte das ganze heißen, und war eigentlich zum Anstroßen auf eine "Helle Zukunft" nach unserer standesamtlichen Traaung gedacht...
Der Brauvorgang selbst unterscheidet sich ja nicht von dem, was ich bisher so gemacht habe. Beim Rezept habe ich mich ziemlich genau an eine Vorlage von MaischeMalzUndMehr.de gehalten. Das Rührwerk (erster Einsatz!) hat prima funktioniert, die Temperatursteuerung auch und das Runterkühlen mit meiner selbstgebogenen Kühlspirale ging auch problemlos bis auf knapp über 20°. Den Rest hat dann der Kühlschrank in ein Paar Stunden geschafft. Währenddessen habe ich das Smack-Pack von Wyeast aktiviert und abgewartet.
Leider begannen ab da die Probleme. Hätte ich mich vorher ein Bisschen schlauer gemacht, dann hätte ich schon ahnen können, dass ein Päckchen Flüssighefe - egal wie frisch - für 20 Liter Bier bei 10 Grad ein Bisschen wenig ist. 24 Stunden, nachdem ich die Würze gut belüftet und das von der Temperature her angepasste Tütchen in den Eimer entleert hatte, tat sich nämlich noch überhaupt nichts.
Ein bisschen panisch (mal wieder aufgrund von Horrorstories in Internetforen) habe ich dann die Temperatur im Kühlschrank bis auf 14° kommen lassen und siehe da, am nächsten Tag ging es langsam los...
...und ab da ging es auch langsam weiter. Statt der bisher von den obergärigen Hefen so gewohnten steil abfallenden Extraktkurve sank die Dichte hier ca. alle 6-8 Stunden um 0.1° Plato. Konstant bis zum Schluss ca. 2 Wochen später. Auch das kam mir ein bisschen komisch vor, so dass der Wissenschaftler in mir sich gefordert fühlte, das Mikroskop rausholte und untersuchen wollte, ob da überhaupt Hefe am Werk ist oder irgendwelche anderen Organismen. Natürlich hab ich gar nicht genug Ahnung, um das zu erkennen, aber interessant war es trotzdem:
Aufgrund der langen Zeit vor dem Ankommen der Hefe hatte ich ein wenig Angst, dass sie ganze Suppe umgekippt ist, und auch eine kurze Geschmacksprobe ließ nichts gutes erahnen. Es schmeckte irgendwie nach Pflaster. Trotzdem mit Zucker versetzt, abgefüllt und nochmal bei 10° in den Kühlschrank für 2 Wochen. Und siehe da: eine erste Kostprobe war gar nicht so schlecht. Viel zu wenig Schaum, aber sonst durchaus lecker. Etwas erfreut hab ich die Flaschen (übrigens endlich mal wieder Bügelflaschen) dann erstmal wieder aus dem Kühlschrank genommen um Platz zu schaffen und weil bei Zimmertemperatur ja noch Diacetyl abgebaut wird.
Der Schock kam dann, also ich das fertige Bier stolz präsentieren wollte: Flasche auf - lautes plopp! Und auf einmal war da ordentlicher, schöner Schaum! Dafür schmeckte die Plörre wirklich widerlich. "Hm, vielleicht war die Flasche infiziert?" Weggekippt - nächste - "Igitt!" Nachdem 5 Flaschen den Weg über meinen Mund in den Ausguss gefunden haben, habe ich den ersten Versuch eines untergärigen Bieres als gescheitert erklärt und mit vorgenommen, das nächste Mal einen Hefestarter anzusetzen, damit die Hefe schneller ankommt. Dann habe ich einen der zwei Kästen in den Abfluss gejagt (auf den anderen hatte ich dann keine Lust mehr)...
Jetzt könnte diese Geschichte eigentlich zuende sein, aber: Achtung, Plot Twist! Als ich meinem Papa davon erzählte, dass das Bier umgekippt ist, aber dafür jetzt richtigen Schaum hatte, brachte er mich durch irgeneine Aussage (ich weiß nicht mehr genau, was es war), auf die Idee, dass während des Rumstehens bei Raumtemperatur einfach die Hefe wieder aktiv wurde und so noch den restlichen Zucker abgebaut hat. Wenn dem so wäre, dann könnte der widerliche Geschmack ja einfach aus weiteren Gärnebenprodukten bestehen, die nach 2 Wochen bei 1°C im Kühlschrank auch wieder weg sind.
Und bingo: Inzwischen ist das Bier wieder gut trinkbar und hat einen prima Schaum. Als einziger fader Beigeschmack bleibt so der Gedanke daran, einen ganzen Kasten davon völlig umsonst vernichtet zu haben...